Kühe fressen auf einem Bauernhof, in einem Stall für Anbindehaltung, frisches Heu.
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Kühe fressen auf einem Bauernhof, in einem Stall für Anbindehaltung, frisches Heu.

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Milchbauern entlasten: Anbindehaltung soll länger erlaubt sein

Die Bundesregierung will den Milchbauern entgegenkommen und das geplante neue Tierschutzgesetz entschärfen. Demnach sollen Landwirte beim Verbot der Anbindehaltung eine längere Übergangsfrist bekommen. Doch vielen geht das nicht weit genug.

Über dieses Thema berichtet: Heimat aktuell am .

Die Ampel-Regierung will das aktuell geltende Tierschutzgesetz eigentlich verschärfen - das steht unmissverständlich im Koalitionsvertrag. Der erste Entwurf, der seit mehr als einem Jahr vorliegt, wurde von Landwirten jedoch teils heftig kritisiert. Die ganzjährige Anbindehaltung von Milchkühen sollte demnach innerhalb von fünf Jahren verboten werden. Jetzt hat Cem Özdemirs (Grüne) Landwirtschaftsministerium einen überarbeiteten Referentenentwurf herausgegeben - und kommt damit den Milchbauern ein Stück weit entgegen.

Übergangsfrist auf zehn Jahre verlängert

Nach wie vor sind für die Landwirtschaft zwar Verschärfungen geplant. Im Vergleich zum ersten Entwurf sollen aber einige Tierhalter entlastet werden. Grundsätzlich soll die ganzjährige sogenannte Anbindehaltung von Rindern weiterhin verboten werden – allerdings mit einer Übergangsfrist von zehn statt fünf Jahren. Die Landwirte bekommen zur Umstellung also mehr Zeit.

Ausnahme für kleinere Betriebe: Kombihaltung unbefristet möglich

Für kleinere Betriebe mit maximal 50 Rindern, die älter als sechs Monate sind, gibt es eine unbefristete Ausnahme: Für sie soll weiterhin eine Kombihaltung möglich sein. Kombihaltung hieß bisher: Im Winter sind die Rinder angebunden im Stall, im Sommer auf der Weide. Oder es gibt statt der Sommerweide einen kleinen Laufhof neben dem Stall, in den die Kühe stundenweise hinaus können, an mindestens 120 Tagen im Jahr.

Im neuen Entwurf des Tierschutzgesetzes heißt es nun jedoch: "Außerhalb der Weidezeit müssen die Betriebe ebenfalls Auslaufflächen zur Verfügung stellen." Auch im Winter sollen die Kühe mindestens zwei Tage pro Woche Auslauf erhalten. Eine Bedingung, die viele Betriebe im Voralpenland nicht erfüllen können, weil sie keinen Platz haben, einen Laufhof zu bauen.

Ein Entgegenkommen für die Milchviehhalter ist allerdings folgende Passage: Die Ausnahmegenehmigung für die Kombihaltung soll nicht mehr wie ursprünglich geplant an die Person des Betriebsinhabers geknüpft sein, sondern an den Betrieb. Das heißt, auch nach einer Hofübergabe bleibt die Kombihaltung erlaubt.

Grüne: "Erfolg für Milchbauern"

Mit der Kombihaltung bleibe die Almbewirtschaftung möglich, ebenso wie die Bewirtschaftung von Mittelgebirgslagen, teilt das Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen in Bayern, sieht in der neuen Regelung einen "Erfolg für unsere bayerischen Milchbäuerinnen und Milchbauern, die auf die Kombihaltung angewiesen sind".

Die Sprecherin der Landtags-Grünen für Landwirtschaft, Mia Goller, ergänzt: "In Zukunft bleibt kein Tier mehr das ganze Jahr über angebunden." Dies sei ein wichtiger Schritt für den Tierschutz. Für einen guten Übergang müsse die Kombihaltung aber bleiben. "Kleine Höfe müssen überleben. Sie engagieren sich für die Beweidung der Almen und leisten so einen wichtigen Beitrag für den Artenschutz und die Vielfalt in unseren bayerischen Bergen", erklärt Goller.

Kombihaltung fordert 120 Tage auf der Weide

Armin Amberger, Milchbauer aus Türkheim im Unterallgäu, sieht in dem neuen Entwurf zwar einen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist er mit dem Kompromiss nicht zufrieden. Der Landwirt hat einen Stall mit 29 Milchkühen, dazu kommen die Jungrinder. Momentan ist er dabei, seinen Stall von der ganzjährigen Anbindehaltung zur Kombihaltung mit Weide und Auslauf umzubauen. Das Problem: Durch die Lage des Hofes im Ortsinneren hat er nicht genügend Platz, um jedes seiner Tiere ins Freie zu lassen, so wie es der Gesetzentwurf für die Kombihaltung vorsieht. Ambergers Betrieb würde nach dem Entwurf also die nötigen Auflagen nicht erfüllen. "Was dann nach den zehn Jahren Frist ist, weiß ich auch nicht", sagt der Milchbauer im Gespräch mit dem BR.

Außerdem ist Amberger überzeugt: Eine Verbotsfrist für die Anbindehaltung sei gar nicht nötig. "Das regelt sich von ganz alleine", sagt der Landwirt. Schließlich komme jeder Hofnachfolger irgendwann in die Situation, dass er neu bauen müsse, weil der Anbindestall in die Jahre gekommen ist. Ein Neubau sei in der Regel immer ein Laufstall, in dem sich die Kühe frei bewegen könnten.

CSU: Anbindehaltung ohnehin Auslaufmodell

Ähnlich sieht es auch die Opposition im Bundestag: "Wir brauchen keine feste Übergangsfrist bei der Anbindehaltung – egal ob das nun fünf oder zehn Jahre sind", teilt der agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, mit. Die ganzjährige Anbindehaltung sei ohnehin ein Auslaufmodell.

Vielmehr brauche es eine Förderung für den Umbau. "Eine Verlängerung der Frist von fünf auf zehn Jahre bedeutet, dass Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir bei seinem geplanten Abbau der süddeutschen Milchviehhaltung lediglich vom sechsten in den fünften Gang herunterschaltet", sagt Auernhammer. Dabei sei in seinen Augen eine Vollbremsung angebracht.

Fakt ist: Eine finanzielle Förderung für den Umbau oder den Neubau von Ställen gibt es seit Langem, ebenso intensive Beratungsangebote für die Landwirte.

Bayerische Milchviehbetriebe im Wandel

Nach Angaben des bayerischen Landwirtschaftsministeriums befindet sich fast jeder zweite Milchviehbetrieb Deutschlands in Bayern. In den Jahren von 2009 bis 2022 hat sich die Zahl der Milchkuhhalter allerdings nahezu halbiert - von 43.700 auf 24.300. Im Durchschnitt hält ein Betrieb in Bayern 44 Kühe.

Im Video: Bayerische Bauernverband zur Anbindehaltung

Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes.
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Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes.

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